Podiumsdiskussion

Zeit: die neue Verteilungsfrage? Ansatzpunkte für eine gerechtere Verteilung aller Arbeit und mehr Zeitwohlstand

Folgende Personen nahmen an der Podiumsdiskussion teil:

Hartmut Rosa Universität Jena
Martina Kronsteiner Betriebsrätin Unfallkrankenhaus Linz
Julianna Fehlinger AgrarAttac

Moderation: Sybille Pirklbauer AK Wien

Ein Teilnehmer berichtet

Für ein gutes Leben braucht es ausreichend Zeit. Doch Zeit ist in unserer Welt ein begrenztes Gut. Am Freitagvormittag wurde daher diskutiert, wie die gerechte Verteilung von Zeit gestaltet werden kann. Moderatorin Sybille Pirklbauer stellte die Frage nach konkreten Schritte, um institutionelle Veränderungen hin zu einem guten Leben für alle bewirken zu können.

Zwar bestünden schon klare Vorstellungen und Maßnahmen unter dem Schlagwort der „Arbeitszeitverkürzung”. Es gelte aber den Teufelskreis aus bestehender Arbeitszeit, mangelnder verfügbarer Zeit und (notwendigem) Zeitaufwand zu beachten.

Im Gesundheitssektor etwa habe sich das Modell des freien Dienstplans nicht bewährt, so Betriebsrätin Martina Kronsteiner vom Unfallkrankenhaus Linz. Denn der „freie Dienstplan und eine Stechuhr“ seien nicht vereinbar. Die Praxis habe gezeigt, dass es dadurch zu einer „Arbeitsverdichtung“ kommen kann, die gleich viel Arbeit in weniger Zeit für das Personal bedeute. Die freie Zeiteinteilung sei nur so lange praktikabel, bis sie mit dem rationalen Entlohnungssystem kollidiere, so die Podiumsteilnehmerin.

Das Problem, dass wir keine Zeit haben, liegt für die Aktivistin Julianna Fehlinger von AgrarAttac im Umstand, dass „Zeit Geld ist und die Ausschüttung der Profite im kapitalistischem System Vorrang hat.“ Dabei solle sich eine Arbeitszeitdiskussion nicht nur auf die Erwerbsarbeit

beziehen. Denn es bestehe ein Problem in der Wertigkeit der verschiedenen Formen von Arbeit. Der Erwerbsarbeit werde gegenüber der Einzelarbeit, Hausarbeit, Bürgerarbeit oder reproduktiver Arbeit ein höherer Stellenwert zugemessen. Eine zunehmende „Durchökonomisierung der Gesellschaft“ gelte es deshalb zu hinterfragen und zurückzudrängen.

Der Soziologe Harmut Rosa von der Universität Jena sah hierin ein multiples Zeitproblem. Denn die Vorstellung, mehr Zeit zu haben, löse das Zeitproblem nicht. Die Menschen seien sehr gut darin, mit neuen  Technologien „Zeit zu sparen“. Die gesparte Zeit werde aber wiederum mit neuer produktiver Beschäftigung ausgefüllt. Dabei spiele auch die  fehlgeleitete Ansicht eine Rolle, dass „der Kapitalismus da draußen schuld sei“. Denn laut Rosa sind wir Menschen „kapitalistisch konfiguriert“ und müssten uns eingestehen, dass wir selbst das kollektive Hamsterrad antreiben.

Ergebnissammlung

Anhand der drei Leitfragen wurde die Podiumsdiskussion samt der Publikumsrunde auf einem Plakat festgehalten