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Gutes Leben für alle – eine brauchbare Utopie?
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Gutes Leben für alle – eine brauchbare Utopie?
Was fasziniert an dieser scheinbar allgemeinen, aber sehr konkreten Utopie? Beim „guten Leben für ALLE“ gilt es Gerechtigkeit und Gleichheit sowie notwendige und mögliche Wege in Richtung sozial-ökologischer Transformation ins Zentrum der Diskussion zu rücken. Eine zentrale Frage dabei ist: Welche Institutionen und Infrastrukturen braucht es, damit alle Menschen ein gutes Leben führen können? Welche müssen ausgebaut, welche um- oder auch rückgebaut werden?
Eine breite Allianz aus Wissenschaft, Gewerkschaften und NGOs hatte vor gut zwei Jahren zum 1. Gutes Leben für alle Kongress geladen. Mehr als 700 Menschen haben sich damals mit diesem Themenkomplex intensiv auseinandergesetzt. Vom 9. bis zum 11. Februar 2017 findet nun der 2. Gutes Leben für alle Kongress an der WU in Wien statt. Nachfolgend seien hier einige Thesen skizziert, warum aus meiner Sicht das Gute Leben für alle eine hilfreiche Utopie für die Erarbeitung von zukunftsfähigen Alternativen ist.
Gutes Leben für alle: Frage nach Gerechtigkeit und Gleichheit ins Zentrum rücken
Der Wohlfahrtsstaat in Westeuropa hat nach dem zweiten Weltkrieg für ein paar Jahrzehnte für die meisten Menschen Hunger und Elend gebannt und ein gutes Leben zur Wirklichkeit werden lassen. Er tat dies räumlich beschränkt, für Frauen und Männer unterschiedlich und unter der Nutzung von Rohstoffen und Ressourcen aus dem globalen Süden. Wie groß dieser zivilisatorische Fortschritt war, wird erst jetzt ersichtlich, wo Hunger, soziale Unsicherheit, steigende Arbeitslosigkeit und Armut nach Europa und Österreich zurückkehren. Auslöser dafür ist die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die tiefere Ursache für zunehmende Ungleichheit, Ausbeutung, Klimawandel und die Zerstörung der Lebensgrundlagen liegt jedoch in der kapitalistischen Wirtschaftsweise selbst.
Dem versucht die Ansage „ein gutes Leben für ALLE“ die Frage nach Gerechtigkeit und Gleichheit und damit die immer ungleichere Verteilung von Einkommen, Vermögen, Arbeit und Ressourcen ins Zentrum der Diskussion zu rücken.
Global und in die Zukunft denken
Die Klimakrise und die Begrenztheit natürlicher Ressourcen machen deutlich, dass das „gute Leben für alle“ global und in die Zukunft gedacht werden muss. Es geht also um ein gutes Leben, das nicht auf Kosten anderer und der Natur verwirklicht wird oder ausbeuterische Handelsbeziehungen voraussetzt. So sind Lösungen, die uns klimafreundlich erscheinen, nicht zielführend, wenn die umwelt- und klimaschädliche Produktion von Gütern lediglich in eine andere Region oder deren Veränderung in die Zukunft verlagert wird.
Gutes Leben für alle heißt: anders wirtschaften und leben
Auch die Forderung nach Wirtschaftswachstum als Antwort auf die steigende Arbeitslosigkeit verkennt die eigentlich zentrale Herausforderung, nämlich die notwendige Veränderung der Lebens- und Produktionsweise. Denn Wirtschaftswachstum würde den Klimawandel und die Ressourcenausbeutung weiter beschleunigen. Und es bräuchte enorme Wachstumsraten, um nicht nur die aktuelle sondern auch die zukünftige Arbeitslosigkeit angesichts der starken Robotisierungstendenzen abzufangen.
Wenn wir allen Menschen das Recht auf ein gutes Leben zugestehen, ist also ein „weiter wie bisher“ nicht mehr möglich. Mehr denn je stehen wir vor der Herausforderung, die Art und Weise wie, für wen und wofür wir produzieren und wie wir konsumieren umzugestalten. Wir müssen uns an Zielen und Prinzipien orientieren, die in sozialer, ökologischer und demokratischer Hinsicht dem Gemeinwohl dienen.
Das bedeutet, gemeinsam über Lebensqualität, Wohlfahrt und Wohlstand nachzudenken: Wie wollen wir leben? Welche Lebensmittel wollen wir essen? Wie unsere Freizeit verbringen und für Kinder und Eltern sorgen? Wie stellen wir sicher, dass unser gutes Leben nicht auf Kosten des guten Lebens von Menschen im globalen Süden oder auf Kosten der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen organisiert ist?
Transformationspfade zu einem guten Leben für alle
Die Auseinandersetzung mit der Utopie des guten Lebens für alle und die Entwicklung konkreter Ansätze findet heute vielfach schon statt. Dabei geht es nicht darum, ein theoretisches „Modell“ durch ein anderes zu ersetzen. Was es braucht sind konkrete Lösungen im Hier und die Jetzt, die mit langfristigen Lösungen zusammen gedacht und entwickelt werden. Attac formuliert etwa sieben Transformationspfade, die es zu beschreiten gilt um dem Ziel eines Guten Lebens für alle näher zu kommen:
Eine gemeinwohlorientierte Finanzwirtschaft: Um die Macht des Finanzsektors zu brechen bedarf es eines gemeinwohlorientierten und demokratisch kontrollierten Finanz- und Bankensystems, mit Banken, die „small enough“ sind, um notfalls pleite gehen zu können, ohne die gesamte Wirtschaft in den Abgrund zu reißen und öffentliche Budgets zu plündern.
Glokalisierung: Eine umweltverträgliche und sozial gerechte Wirtschaft erfordert ökologische und soziale Kostenwahrheit und gerechte globale Handels- und Investitionsregeln. Statt noch mehr wirtschaftlicher Globalisierung braucht es eine emanzipatorische wirtschaftliche Regionalisierung, die ohne fossile Energieträger auskommt. Globaler Handel erfolgt komplementär, solidarisch und auf der Basis von Kooperation.
Ernährungssouveränität: Nur demokratische und selbstbestimmte Agrarpolitiken sowie bäuerliche und ökologische Landwirtschaft garantieren gesunde und nachhaltig erzeugte Lebensmittel für alle Menschen. Agrar- und Handelspolitiken fördern diese Form der Landwirtschaft und vermeiden strukturelle Überschüsse. Patente auf Leben gehören der Vergangenheit an.
Energiedemokratie: Der liberalisierte Energiemarkt mit profitorientieren Energieunternehmen wird ersetzt durch demokratisch kontrollierte und gut vernetzte öffentliche Energieunternehmen. Diese bewerkstelligen die Energiewende hin zu ökologisch nachhaltigen, erneuerbaren Energieträgern und leistbarer Energie für alle.
Commons – Gemeinsam nutzen was allen gehört: Natürliche, soziale und kulturelle Gemeingüter („Commons“) wie Wasser, Rohstoffe, Land, Wissen und ihre gemeinschaftlich festgelegte Kontrolle sind eine Alternative zur Wachstumsökonomie. Auch Kommunikationsinfrastruktur und Medien sind Teil einer öffentlichen Infrastruktur, die öffentlich und demokratisch kontrolliert bereitgestellt wird.
Menschengerechte Arbeit: Wer woran und unter welchen Bedingungen arbeitet, muss sich an den Bedürfnissen nach existenzsichernder, erfüllender, selbst- und gemeinschaftlich bestimmter Arbeit orientieren. Arbeit wird dabei neu gedacht und verteilt. Ver- und Vorsorgearbeit erhalten einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert.
Umfassende Demokratisierung: Nur durch demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten auf allen Ebenen – in Unternehmen, bei öffentlichen Dienstleistungen bis hin zu Budgetentscheidungen und EU-Richtlinien – kann eine Politik im Interesse aller gelingen. Teil der umfassenden Demokratisierung ist auch eine Weiterentwicklung der demokratischen Institutionen, Formen und Prozesse. Zentral dabei ist, die Macht der Konzerne zu brechen.
Schritte zum guten Leben für alle
Ein „gutes Leben für alle“ kann nur Wirklichkeit werden, wenn – in einem ersten Schritt – Menschen vor Ort beginnen, Alternativen umzusetzen und vorzeigen, wie hier bei uns weiterhin ein gelungenes Leben ohne exzessiven ökologischen Fußabdruck möglich ist. Es geht um Veränderung „von unten“. Transition-Town Movement, Gemeinwohl- und Solidarökonomie, Ökonomie des Teilens, Repair Cafés, Leihläden, Wohnprojekte und Lebensmittelkooperativen sind Beispiele solcher Initiativen von unten. Diese Basisinitiativen mit ihrer Spontanität und Kreativität sind wichtige Orte, um neue Formen des Wirtschaftens, des Lebens und der Demokratie zu erproben. Die InitiatorInnen dieser Projekte sind VordenkerInnen und VorleberInnen einer nachhaltigen und solidarischen Gesellschaft.
Zugleich werden diese Initiativen aber nicht ausreichen, um die notwendige große sozial-ökologische Transformation umzusetzen. Ebenso wenig kann jedoch eine Gesellschaft ohne Konsumismus, ohne Wachstumszwang und mit viel mehr Kooperation einfach von oben verordnet werden. Folglich müssen wir uns die Frage stellen: Welche Institutionen und Infrastrukturen braucht es, damit alle Menschen ein gutes Leben führen können? Das Nachdenken über Infrastrukturen ist notwendig um aufzuzeigen, dass Bedürfnisse nicht nur über mit Geld bezahlten Konsum befriedigt werden können. Der Weg zu diesen Infrastrukturen braucht Such- und Lernbewegungen und Experimente.
Allerdings sind die notwendigen Institutionen, Produktionsweisen und Routinen einer solidarischen Gesellschaft, in der für alle Platz ist und alle Chancen haben, ihre Lebensentwürfe zu verwirklichen, allenfalls in Ansätzen und Versatzstücken bekannt. Zugleich gibt es mächtige Beharrungskräfte und Strukturen, die Alternativen behindern.
Damit sich die vielfältigen konkreten Initiativen von unten entfalten können, braucht es den Rück- bzw. Umbau der universellen Weltmarktarchitektur, die Machtkonzentration fördert –insbesondere jene der bestehenden Handels- und Investitionsabkommen. Es braucht eine emanzipatorische wirtschaftliche Regionalisierung, die möglichst koordiniert die Konzentration von wirtschaftlicher Macht und Vermögen einschränkt und so neue Spielräume für die demokratische Gestaltung einer sozial-ökologischen Transformation ermöglicht.
Pluralistische Zusammenarbeit und respektvoller Dialog zwischen sozialen Bewegungen, Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Wissenschaft und anderen Engagierten ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Und zwar auf allen Ebenen – lokal, regional, national und transnational. Gemeinsam gilt es, neue sozial-ökologische Infrastrukturen zu erdenken und gesellschaftliche Mehrheiten zu organisieren, um diesen Ideen und Vorschlägen zum Durchbruch zu verhelfen. Das bedeutet letztlich auch die Verteilung von Wohlstand und Lebensqualität global zu diskutieren. Und gemeinsam gilt es, die dafür nötigen Kämpfe nicht zu scheuen. Denn jene Wenigen, denen heute ein Leben in Luxus möglich ist, werden Macht und Kontrolle über Wirtschaft und Gesellschaft nicht widerstandslos aufgeben.
(Ersterschienen am A&W Blog)
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Kommentar von WozQK |
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Vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag. Wir alle wünschen uns doch ein gutes Leben und sollten es auch unseren nächsten gönnen. Ein gutes Leben bedeutet für uns, ein selbst bestimmtes, freies und erfülltes Leben zu führen. Das umsetzen zu können setzt voraus, sich selbst gut kennengelernt zu haben und zu wissen, was man vom eigenen Leben erwartet.
Wie muss unser Leben aussehen, damit es zu uns passt? Die eigene Lebensgestaltung ist für viele junge und auch noch ältere Menschen eine echte Herausforderung. Für manche so anstrengend, dass sie es vermeiden, sich Gedanken darüber zu machen.
Und dennoch gibt es doch einige gute Tipps, die jeder für sich mitnehmen kann, wenn er ein gutes Leben führen möchte. Wer sich bewusst ist, dass sein eigenes Denken ausschlaggebend dafür ist, wie er lebt, ist schon ein schönes Stück weiter gekommen. Die eigene Gedankenwelt – wie sie auch immer ist – manifestiert sich in der Lebensrealität.
Wir erleben unser eigenes Leben ganz subjektiv. Unsere Erfahrungswelt ist ausschlaggebend dafür. Wer sich als Opfer sieht, lebt wahrscheinlich wie eines.
Was ist die Quelle für viele Probleme im Leben? Unserer Erfahrung nach ein mangelndes Selbstwertgefühl und uns behindernde, einschränkende Glaubenssätze, die jeder von uns verinnerlicht seit seiner Kindheit. Wer denkt, Arbeit bedeutet immer Stress, kann wenig Spaß dabei entdecken, etwas zu schaffen. Wer denkt, das Leben ist zu hart, wird ebenfalls wenig Leichtigkeit in seinem Dasein finden.
Ein gutes Leben können wir führen, wenn wir uns trauen, auf unsere innere Stimme zu hören und ihr folgen. Denn dann folgen wir unserer eigenen Bestimmung. Diese zu entdecken bringt in die eigene Mitte und lässt das Leben sich sinnvoll anfühlen. Und das ist es, was sich jeder wünscht: Ein sinnvolles, erfülltes Leben zu führen.