Energiewende: von unten?

Workshop-Leitung: Leonore Gewessler
Workshop-Unterstützung:
Olga Sadovici

 

Der Workshop "Energiewende: Von unten?", moderiert von Leonore Gewessler (GLOBAL 2000) und unterstützt von Olga Sadovici (WU-SEEP), beschäftigte sich mit Formen der BürgerInnenbeteiligung an der Energiewende, vor dem Hintergrund dass in Deutschland bereits 51% der installierten Erneuerbaren-Kapazität im Eigentum einzelner BürgerInnen steht und sich auch in Österreich 79% der BürgerInnen für eine raschere Umsetzung der Energiewende aussprechen.
Ziel war es, auf Basis der Diskussion von konkreten europäischen und österreichischen Pionier-Projekten, notwendige Rahmenbedingungen und sich daraus ergebende politische Forderungen zu formulieren, die eine nachhaltige und integrative Energiewende von unten möglich machen. Welche Eigentums- und Finanzierungsmodelle sind notwendig, damit die Energiewende zu einem breiten gesellschaftlichen Projekt werden kann?

Der Workshop begann mit einer Präsentation von Susann Scherbarth, Climate Justice und Energie-Campaignerin bei Friends of the Earth Europe. Ausgehend von den Ergebnissen des Forschungsprojektes „communitypower.eu“ diskutierte sie zuerst den europäischen rechtlichen Rahmen sowie die aktuelle politische Debatte zur Energiewende in Europa. Sie schlug anschließend eine Definition von „Community Power“ vor, die abstellte auf die Rechtsform der Projekte sowie ihr demokratisierendes und emanzipierendes Potential. Vorzeige-Beispiele aus Belgien zeigen etwa, wie durch gemeinschaftliches Handeln in der Energiewende auch Verhaltensänderungen auf NutzerInnenseite entstanden und Energiesparpotenziale dadurch auch umgesetzt wurden. Zum Abschluss präsentierte Susann Scherbarth den deutschen Rechtsrahmen für BürgerInnenenergie-Projekte, der später als Vergleichsbasis zu Österreich verwendet werden konnte.

Am Nachmittag gab es zwei Präsentationen von DI Matthias Komarek (Energie- und Umweltagentur NÖ) und Mag. Norbert Koller (Energiepark Bruck/Leitha). Beide stellten unterschiedliche österreichische BürgerInnenbeteiligungsprojekte zur Diskussion.

Matthias Komarek fokussierte in seiner Einleitung auf erprobte Modelle der BürgerInnenbeteiligung, die in verschiedenen (nieder-)österreichischen Gemeinden umgesetzt wurden. Er machte Vorteile deutlich, die sich aus dem Engagement der BürgerInnen für alle Beteiligten ergeben und diskutierte welche rechtlichen, steuerlichen, und fördertechnischen Rahmenbedingungen vorhanden sein müssen, um derartige partizipative Projekte umzusetzen. Obwohl die rechtlichen Rahmenbedingungen deutlich anders und z.T. weniger anreizgebend seien als in Deutschland, sah Mathias Komarek BürgerInnenbeteiligungsmodelle als Erfolgsprojekte der Energiewende an, die seiner Einschätzung nach in Zahl und Umfang in Österreich zunehmen werden. Wichtige Voraussetzung dafür sei Rechtssicherheit, die sich nach ersten rechtlichen Auseinandersetzungen (vgl. dazu auch die Auseinandersetzung von GEA und der Finanzmarktaufsicht) nun einstellt.

Mag. Norbert Koller stellte das Projekt „Energiepark Bruck/Leitha“ vor. Der Energiepark ist als frühes Pionierprojekt im Jahr 1995 gestartet und ist mittlerweile zu einem multidimensionalen Betrieb herangewachsen. Der Verein Energiepark Bruck erreichte damit einen Bekanntheitsgrad weit über die Region hinaus. Ein wichtiger Teil des Selbstverständnisses des Energieparks ist die Beteiligung der BürgerInnen der Region an den Projekten, von denen bereits zahlreiche in die Tat umgesetzt wurden (Windkraft, Biogas, Biomasse, usw). Auch aus Sicht von Norbert Koller stößt BürgerInnenbeteiligung an ihre Grenzen, wenn keine Rechtssicherheit für das Engagement der BürgerInnen vorliegt (z.B. durch Energieraumplanung, dauerhafte Förderbedingungen etc.). Stabile Rahmenbedingungen minimieren finanzielle und rechtliche Risken und machen gemeinschaftliches Engagement für ihn ab einer gewissen Größenordnung erst möglich. Deutlich wurde in seiner Präsentation auch die Schwierigkeit der Skalierbarkeit von Projekten und die damit nur noch mittelbar (über die Vereinsstruktur) zu garantierende Mitbestimmungsmöglichkeit der einzelnen.

Fragen zu den Projekten kreisten um die Themen Eigentums- und Finanzierungsmodelle, die Motivation von BürgerInnen, an solchen Projekten teilzunehmen, aber auch die Motivation der (lokalen) Politik, solches Engagement zu ermöglichen und zu fördern.

Danach gab es zwei Gruppendiskussionen, geleitet von Mag. Rainer Miksche von GEA Sonnenpartner (Waldviertel) und DI Simon Klambauer von Helios Sonnenstrom (Freistadt), die ihre jeweiligen Projekte präsentierten. Das Ziel der Gruppenarbeiten war aus den Inputs und aus den Erfahrungen der konkreten Projekte vor Ort "lessons learned" für notwendige Rahmenbedingungen einer Energiewende von unten zu formulieren.

Am Ende wurden in einer Diskussionen und Präsentationen die Inputs nochmals reflektiert und die wichtigsten Themen rund um die Bereiche technische Voraussetzungen (zB: Netzzugang), rechtliche Rahmenbedingungen (zB: organisatorische Form: Reform Genossenschaft), politische Rahmenbedingungen (zB: politisches Engagement), und mentale Infrastrukturen (zB: Bewusstseinsbildung, Pioneers, Best Practice) noch mal zusammengefasst.

Das Workshop-Team dankt allen Teilnehmenden für diesen spannenden Tag. Es waren sehr anregende Gespräche mit aktiven und interessierten TeilnehmerInnen mit unterschiedlichem und vielfältigem Hintergrund.

 

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